Liebes Tagebuch,
ich bin ja ein sehr cleveres und gut erzogenes Mädchen, so denke ich zumindest, und deswegen brauche ich sowas wie eine Leine, nicht unbedingt, um spazieren zu gehen. Ich weiß, wann ich stehenbleiben soll, ich weiß, wann ich zu Papa kommen soll, wenn er mich ruft. Ich höre auf Kommandos und ich benehme mich, wenn ich anderen Hunden begegne.
Vor allem mag ich aber Begegnungen mit Menschen, die werden ja auch nicht an der Leine geführt. So sind wir ein bisschen auf Augenhöhe, wenn ich mit einem Menschen rede. Und eben meine Zuneigung zeige.
Wie auch immer, heute hat Papa beim morgendlichen Spaziergang mich an die Leine genommen, während wir an der Straße entlang gingen. Das fand ich sehr ungewöhnlich, aber gut, vielleicht hat er sich dabei was gedacht. Ich habe da sogar einen Verdacht, Papa hat so viele Leinen bei sich angesammelt, dass er sie einfach mal benutzt, um jetzt ein Alibi zu haben dafür, dass er so viele Leinen bei sich hat. Ich brauche sowas nicht, aber wenn es sein muss, dann mache ich das Papa zuliebe.
Ich habe mich heute sehr gut an der Leine gefühlt und irgendwann durfte ich wieder freilaufen. Das war nicht wirklich schlimm. Das war eine Erfahrung, die ich schon lange nicht mehr gemacht habe, hier an der Straße. Heute habe ich es eben so gemacht, Papa zuliebe, aber es war ganz okay. Papa hat ja immer eine Leine dabei und heute dachte er sich, dass er mich mal ein bisschen mehr an der Leine führt. Für mich war es ein angenehmes Gefühl, ich habe mich sogar ein bisschen geborgener und geschützter gefühlt. Von daher war es gar nicht so schlimm.
Als ich dann meinen Kumpel Pixel traf, habe ich natürlich ohne Leine mit ihm getobt und bin gerannt und gesprungen. Also hieß es dann für eine kurze Zeit "Leinen los"! Das war ein schönes Gefühl, Liebes Tagebuch.
Das war mein heutiges Erlebnis, Liebes Tagebuch.
Bis morgen, deine Luna.
